Suhrkamp 2021 567 Seiten, 22 € ISBN 978-3-518-03601-3 Reclam 2019 89 Seiten, 6 € ISBN 978-3-15-019602-1 stellen Anträge. Und Sie trösten, pflegen, putzen, schnippeln, fahren Güter und Pakete aus. Sie dokumentieren, schreiben Berichte, sie erzählen. Die „Verkannten Leistungsträger:innen“ kommen in dem Buch von Nicole Mayer-Ahuja und Oliver Nachtwey ausführlich selbst zu Wort und erhalten so eine Stimme. Ein aufrüttelnder, mit neuesten wissenschaftlichen Daten unterfütterter Bericht aus dem Maschinenraum der Gesellschaft, wo Krankenschwestern, Fernfahrer, Erntehelferinnen, Friseurinnen, Fleischarbeiter, Verkäuferinnen und viele andere prekär Beschäftigte unterbezahlt und entkräftet den Laden am Laufen halten. Wie es so weit gekommen ist und was sich ändern muss, erzählt dieses wichtige Buch. Rezension von Beate Rothmaier, Schriftstellerin, Ellwangen Pflegepersonal, Was Reichtum ist, und dass ihn die Reichen nicht immer verdient haben, analysiert Christian Neuhäuser, Philosophieprofessor aus Dortmund, in diesem schmalen Buch. Schließlich sind immer Faktoren im Spiel, die nichts mit Leistung zu tun haben, für die Vermögende nicht selbst verantwortlich sind, sondern die zufällig auftreten. Reichtum führe zu mehr ökonomischer, politischer und sozialer Macht; die aber stelle eine Gefahr für die Demokratie dar und stehe der Würde aller Menschen entgegen. Bei Kritik oder Verteidigung von Reichtum dürfe es aber nicht um Gier oder Neid gehen, sondern in den Mittelpunkt gehörten die legitimen Gerechtigkeitsfragen. Lösungsansätze des Autors Gerechtigkeit beschließen das kleine Buch. Rezension von Werner Trost Richter am Oberlandesgericht i.R., Ellwangen für ein Mehr an Suhrkamp 2017 362 Seiten, 12 € ISBN 978-3-518-46778-7 QR-Code zu einer Lesung Was den Osten Europas angeht, sind die meisten Bücherregale im Westen noch leer. Die widerwärtige Aggression jedoch und der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine zwingt unseren Blick Richtung Osten. Lange genug haben wir nicht genau hingeschaut, was dort vor sich. geht. Auf der Suche, mir die Ukraine anzueignen, die Menschen dort kennenzu- lernen, ohne die Aussicht zu haben, in naher Zukunft dorthin reisen zu können, bin ich auf Serhij Zhadan gestoßen. Ich wollte das Lebensgefühl der Ukrainer:innen erkunden und habe große Literatur gefunden. Zhadan erzählt uns in seinen Geschichten von Menschen, die trotz aller oder vielleicht auch aufgrund aller Widrigkeiten, versuchen, ihr Leben in vollen Zügen zu leben. Die Erzähltechnik Zhadans ist filigran. Man taucht förmlich ein in Hochzeitsfeiern, Liebesabenteuer, Totenrituale als säße man selbst am Tisch, läge man im Bett oder beweine die Toten. Die Sprache ist wirkmächtig und doch träumerisch. Seine Geschichten sind teils traurig, jedoch nie fatalistisch. Die Figuren scheinen sich von den Fängen der Vergangenheit ihrer Vorfahren und deren sowjetischer Prägung lösen zu wollen. Es zeigt Wege der Hoffnung auf ein besseres Leben in Freiheit. Das Buch spielt in einer Stadt, die wir heute aus den Nachrichten kennen: Charkiw. Bereits 2017, als das Buch erschien, herrschte in der Ost-Ukraine Krieg. Zhadan gewährt uns einen Einblick in seine Heimat, die Herzen und Köpfe der Menschen, ihr Handeln, in die Küchen und Wohnzimmer. In seinen Erzählungen werden sie ein Teil unserer Realität, die uns deutlich macht, wofür und warum die Menschen nun so vehement und aus voller Überzeugung gegen Putin kämpfen, ja kämpfen müssen. Rezension von Ariane Bergerhoff, Lehrerin, Ellwangen EX LIBRIS 19